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Freitag, 4. Juli 2025, 16 Uhr, Lesezimmer

Geschichten vom äthiopischen Kopfkissen

Kerstin Volker-Saad im Gespräch mit Takele Merid Afessa

In der aktuellen Ausstellung zeigen wir 21 Nackenstützen aus Äthiopien. Sie kamen über den Kölner Künstler Hermann Abrell und über den Ordensmann Pater Franz Konrad in die Sammlung. Es ist anhand der formalen Kriterien möglich, die Objekte in ein regionales „cultural mapping“ zu verorten. Das Ausstellungsdisplay orientiert sich an den vermuteten Herstellungsorten. Obwohl es nach wissenschaftlichen Kriterien erarbeitet wurde, sind die Kunstwerke und ihre Aufstellung nicht selbsterklärend. Wer sind diese Personen, die jeden Tag ihren Kopf auf dieses markante Artefakt betten? Welche lokale Prämisse, welcher praktische Aspekt oder welcher soziale Status determiniert das Design, die Auswahl des Holzes, die privilegierte Verwendung? Die Dechiffrierung der individuellen Geschichten der Nackenstützen steht noch am Anfang. Finden wir selber einen Schlüssel oder suchen wir den Austausch mit einem Kulturdolmetscher, mit jemandem, der das Eigene und das Fremde in eine Beziehung setzt, den Wissenstransfer durchführt? Was ist das Kunstwerk: die hölzerne, nach künstlerischen Kriterien geschaffene Skulptur oder der Gebrauchsgegenstand, der sich in immer anderen Kreationen neu erfindet? Welche Neuinterpretation durchläuft er innerhalb der sich wandelnden Umgebungen – vom äthiopischen Schnitzer bis zum Museumsobjekt? In einem dialogischen Gespräch mit unserem Gast Prof. Dr. Takele Merid Afessa vom Institute of Ethiopian Studies an der Universität Addis Abeba gehen wir den Verflechtungsgeschichten nach, die diese Objekte mitbringen. Wir verstehen sie dabei auch als Zeugen von transnationalen Netzwerken und (Arbeits-)Beziehungen, die wir aufspüren und in gegenseitiger Befragung erforschen wollen. Die Veranstaltung findet auf Englisch statt. 

Takele Merid Afessa ist Assistant Professor und Direktor des Institute of Ethiopian Studies an der Addis Abeba University. Dort ist er verantwortlich für die ethnographischen Sammlungen, darunter ist ein umfassender Bestand an äthiopischen Nackenstützen. 

Kerstin Volker-Saad ist promovierte Ethnologin, arbeitet in Berlin, Gotha sowie Bad Muskau und forscht seit mehreren Jahren zu den Sammlungen von Kolumba. Eines ihrer zentralen Anliegen ist die Sichtbarmachung und Würdigung der kreativen und künstlerischen Schaffenskraft außereuropäischer Künstlerinnen und Künstler, die sich anhand außergewöhnlicher Gegenstände aufzeigen lässt. Sie recherchiert Kontexte und Objektbiografien, um so den Zugang zu fremden Deutungsebenen zu ermöglichen.